Integration ist kein Schnellschuss

Holsteinischer Courier vom 21. November 2018 - Gabriele Vaquette

Ausgabejahr 2018
Datum 21.11.2018

Arbeitsmarkt-Experten informierten Flüchtlingshelfer über Angebote, Förderungen und Hindernissen in der Praxis

Neumünster Sie sind in Deutschland angekommen und wollen ein neues Leben anfangen – und dazu gehört arbeiten und Geld verdienen: Viele Flüchtlinge wollen das. Welche Möglichkeiten haben sie auf dem Arbeitsmarkt? Darüber informieren jetzt viele Experten ehrenamtliche Begleiter von Flüchtlingen – und machen deutlich, dass Integration durch Ausbildung und Beruf kein Schnellschuss ist. Denn es gibt es viele Hindernisse.

Flüchtlinge sprechen und schreiben zu Beginn kein Deutsch, sind fremd, haben falsche Vorstellungen, wie man einen Job bekommt und ihn gut macht. Der Weg ist lang, die Messlatte für eine gute Integration liegt hoch, machte Ingo Green, Willkommenslotse der Handwerkskammer Lübeck, klar. „Wir wollen erfolgreiche Fachkräfte auf deutschem Niveau. Fast alle sind super im Handwerklichen, aber das nützt nichts. Die Sprache – Lesen und Schreiben – ist der Schlüssel. Stellen Sie sich vor, der Flüchtling repariert beim Kfz-Betrieb Ihr Auto falsch. Das gibt Frust bei allen – beim Chef, der nie wieder einen Flüchtling einstellt, beim Kunden.“ Flüchtlinge bräuchten viel mehr Informationen.

Willkommenslotsen sind Flüchtlingsspezialisten; diese gibt es auch beim Jobcenter und der Arbeitsagentur. Valeska Walter (Jobcenter), Katharina Eggert (Arbeitsagentur) und Jessica Breitholz (Jugend-Berufsagentur) informierten über die große Bandbreite von Förderungen, Sprachkursen, Dolmetscher-Hotline mit 18 Sprachen und Zugangsmöglichkeiten je nach Status der Flüchtlinge. „Wir haben hier ein großes Netzwerk in Neumünster“, so Walter. Das Hauptprinzip: „Wir versuchen, keinen Stillstand eintreten zu lassen, kein Abschluss ohne Anschluss.“ Der Spracherwerb sei vorrangig, aber es brauche Zeit: Integration ist kein großer Schritt, sondern viele kleine Schritte.“

Eingeladen hatte die Beratungsstelle für ehrenamtliche Flüchtlingshilfe der Awo, Diakonie und Caritas. „Das ist unsere erste Veranstaltung zu diesem Thema, der Informationsbedarf ist sehr hoch“, so Claudia Dickneite (Caritas), Ingo Green hatte einen wichtigen Tipp: "Ehrenamtliche sollten Flüchtlinge so begleiten, dass diese lernen, ihre Entscheidungen selbst zu treffen.“