Jugendliche restaurieren die Werkhalle

Holsteinischer Courier vom 09.07.2015 - Rolf Ziehm

Ausgabejahr 2015
Datum 09.07.2015

In der Produktionsschule feilen zehn junge Arbeitslose an ihren praktischen Fertigkeiten / Ziel ist ein anschließender Schul- und Berufsabschluss

Neumünster - „Wir stellen gerade die zweite Wand auf und haben hier reichlich zu tun“, sagt Michelle Lamaack (19). Xenia Mielimonka (18) lobt das tolle Arbeitsklima in der Werkhalle des Museums Tuch + Technik. Die beiden jungen Frauen sind zwei von zurzeit zehn Teilnehmern in der „Produktionsschule Werkhalle“.

Im Projekt des Jobcenters restaurieren junge Arbeitslose ohne Berufsausbildung und oftmals auch ohne Schulabschluss die Werkhalle des Museums an der Klosterstraße. „Das ist eine sinnstiftende Arbeit für die jungen Leute und eine Arbeit für Neumünster“, findet Reinhard Arens vom Ausbildungsverbund Neumünster (AVN). Er ist Träger der vom Jobcenter aus Eingliederungsmitteln finanzierten Maßnahme. Die Stadt trägt die Materialkosten in Höhe von 73 000 Euro.

Die hiesige Wirtschaft ist in das Projekt einbezogen. Die Kreishandwerkerschaft und die Industrie- und Handelskammer begleiten in einem Beirat die Arbeit der Produktionsschule. Und natürlich ist auch der Museumsverein mit im Boot, die Mitglieder helfen mit Rat und Tat beim Umsetzen und beim Aufbau der historischen Webstühle und Textilmaschinen.

„Wir mussten uns erstmal Platz schaffen“, sagt AVN-Anleiter Olaf Dukowski. Zurzeit richten die Jugendlichen Hochregale mit vorgesetzten Plexiglasabdeckungen als Schauvitrinen ein. Der Sammlungsbestand des Museums ist so sichtbar und geschützt zugleich. Besucher, etwa beim Kunstflecken, können dadurch auch in der Werkhalle einen Einblick in die Arbeit des Museums bekommen.

Ein Großteil der Exponate ist im Magazin untergebracht. „Die Einhausung und die Regale sind wichtig, um die Stücke vernünftig zu lagern“, sagt Museumsdirektorin Astrid Frevert. In der nicht beheizten ehemaligen Lehrwerkstatt der früheren Textilfachschule war es feucht und kalt.

Zentraler Anlaufpunkt für die Produktionsschüler ist am Morgen die Metallwerkstatt des AVN an der Rungestraße. Nach dem gemeinsamen Frühstück werden Vorarbeiten in der Werkstatt erledigt, dann geht es in die Werkhalle. Die Jugendlichen sind in den Materialeinkauf eingebunden, arbeiten mit Holz, Metall und Farbe und müssen sich auch mit Fragen der Statik beschäftigen, Bauzeichnungen lesen. „Das hier ist wie ein eigener Betrieb organisiert“, sagt Peter Baade, der Leiter des Jugendteams im Jobcenter.

Begleitend zur Arbeit in Werkstatt und Werkhalle gibt es einen Schulunterricht. Sozialpädagogen arbeiten an den sozialen Kompetenzen der Teilnehmer. Alle sind freiwillig dabei, die Abbrecherquote ist mit 12 bei bisher 22 Teilnehmern hoch. Michelle und Xenia, aber auch Andre Rose (18) und Jonay Weires (21) wollen sich durchbeißen. Im Idealfall schließen sich nach einem Jahr in der Produktionsschule Schulabschluss und Ausbildung an.