10 Jahre Jobcenter Neumünster

Holsteinischer Courier vom 21.02.2015 - Rolf Ziem

Ausgabejahr 2015
Datum 21.02.2015

Neumünster - Deutschlands bestes Jobcenter liegt in Neumünster – das meint die Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg und wird die Einrichtung an der Friedrichstraße am kommenden Montag für sein bundesweit überragendes Integrationsergebnis auszeichnen. Diese Nachricht setzte gestern dem Festakt „Zehn Jahre Jobcenter – ein gutes Stück Arbeit“ in der Werkhalle des Museums Tuch + Technik die Krone auf. Dennoch war es keine reine Jubelarie, die kritischen Stimmen wurden nicht ausgeblendet: Zehn Jahre Jobcenter bedeuten nämlich auch zehn Jahre Hartz IV.

2005 gipfelten die nach dem früheren VW-Arbeitsdirektor Peter Hartz benannten Reformgesetze der Regierung Schröder in der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe. Auch in Neumünster war das die Geburtsstunde des Jobcenters, das damals noch Dienstleistungszentrum hieß. „Zehn Jahre Jobcenter. Ist das ein Grund zu feiern? Wir haben durchaus etwas erreicht, das wird ein Kunde vielleicht anders sehen“, sagte der Leiter des Jobcenters, Thorsten Hippe.

Wie aufs Stichwort marschierten Susanne Zaman und Werner Klein von der – eingeladenen – Partei Die Linke mit Transparenten auf, die Hartz IV als „vom Staat verordnete Armut“ brandmarkten. Es sollten nicht die einzigen kritischen Stimmen sein. Das Lob an der erfolgreichen Arbeit des Jobcenters überwog aber deutlich.

Die Zahlen, die Hippe und auch Oberbürgermeister Dr. Olaf Tauras nannten, dokumentieren das. So sank seit 2005 die Zahl der sogenannten Bedarfsgemeinschaften um 5,5 Prozent, die der so erfassten Menschen sogar um 6 Prozent. Aber das sind aktuell immer noch rund 10 900 Personen in fast 5800 Haushalten. „Das sind eindeutig zu viel“, sagte Tauras. Und selbst wenn die Zahl der arbeitsfähigen Hartz-IV-Empfänger in den vergangenen zehn Jahren sogar um ein Fünftel zurückging, sind das immer noch 3460 Menschen ohne Job. Drei von vier Arbeitslosen in Neumünster werden vom Jobcenter und nicht von der Arbeitsagentur betreut.

Auf seine Fahnen schreiben darf sich das Jobcenter die kurzen Bearbeitungszeiten und geringsten Widerspruchsquoten im Norden. „In Neumünster nimmt man sich Zeit für gute Beratung“, hatte Samiah El Samadoni, die Bürgerbeauftragte des Landes für soziale Fragen, die Erklärung. Mit der Satzung für Obergrenzen bei den Kosten für Miete und Heizung war Neumünster Vorreiter in Schleswig-Holstein. Auch die Bildungskarte hat die Stadt sogar bundesweit als Pionier und Vorbild bekannt gemacht.

Der Schauplatz Museumswerkhalle an der Klosterstraße war für den Festakt nicht wegen seines rustikalen Ambientes gewählt, sondern mit Bedacht: Hier findet das Fordern und Fördern von Hartz IV statt: Zwölf arbeitslose Jugendliche helfen in einer sogenannten Produktionsschule bei der Sanierung der Halle und werden dabei zugleich für den Arbeitsmarkt qualifiziert.