Von Jerewan über Bremen nach Neubrandenburg (Lesezeit ca. 3:00 Min.)



Ausgabejahr 2021
Datum 30.06.2021

Er stammt aus Armenien, ist 55 Jahre alt, kam mit seiner Familie im Jahr 2000 nach Deutschland, ist nach einigen Stationen seit 2019 in Neubrandenburg heimisch geworden und hat seit 01.05.2021 im Neubrandenburger Autohaus Eschengrund nach einer kleinen Odyssee durch Norddeutschland jetzt seinen festen Arbeitsplatz gefunden.

Aber beginnen wir von vorn.

Karen Grigoryan stammt aus Jerewan. Dort hat er ein kleines Haus, aber keine Arbeit und kein Einkommen. Sein Bruder ist bereits nach Deutschland gezogen und wohnt in Bremen. Als sich die Situation in Armenien zunehmend verschlechtert, nimmt er Kontakt zu ihm auf und wagt einen Neuanfang – er kehrt seinem Heimatland den Rücken und kommt ebenfalls nach Deutschland.

Zunächst in Bremen angekommen, wechselten seine Beschäftigungen mit den Wohnorten. Das ist aber bei Herrn Grigoryan nichts Außergewöhnliches. Schon in Armenien hat er sich in vielen Bereichen ausprobiert. Er war als Kraftfahrzeugelektroniker tätig, hat viel mit Holz gearbeitet, Modelle gebaut und war 7 Jahre als Steinmetz selbstständig.

In Syke bei Bremen hat er zunächst in der Fleischwirtschaft gearbeitet und 2 Monate lang Schweinehälften zerlegt. Dieser Belastung war er gesundheitlich nicht gewachsen. Er wurde krank und verlor diesen Job.

Sein Weg führte ihn weiter über Grimmen und Stavenhagen bis nach Demmin. Mit dem Wechsel der Wohnorte wechselten auch mehrere kurzzeitige Beschäftigungen. In der Demminer Zeit arbeitete er mehrfach als Autolackierer und lernte so die deutschen Autowerkstätten kennen.

Zwischenzeitlich hat das Ehepaar Grigoryan 2 Kinder bekommen – eine Tochter und einen Sohn. Beide sind hier in Deutschland groß geworden, besuchten die Kindertagesstätte und anschließend die Schule. Inzwischen sind sie 21 und 19 Jahre alt und haben in Neubrandenburg einen Studienplatz bzw. eine Ausbildung gefunden.

"Unsere Tochter studiert hier in Neubrandenburg Pädagogik und unser Junge macht in einem Neubrandenburger Autohaus eine kaufmännische Ausbildung. Beide sind versorgt", sagt er stolz. "Wir wollten uns nicht trennen", erzählt er weiter. "Also sind wir Eltern im Jahr 2019 mit nach Neubrandenburg gezogen". Die Familie blieb zusammen. Die Ehefrau hat in Armenien Jura studiert und dort als Juristin in einer Firma gearbeitet. Seit dem Umzug nach Deutschland ist sie Hausfrau, beginnt nun aber auch, sich nach einer Arbeit umzusehen.

Karen Grigoryan fuhr von Neubrandenburg aus weiter in Richtung Demmin zur Arbeit und suchte parallel hier in Neubrandenburg nach einer Beschäftigung. Der Zufall führte ihn im Frühjahr 2021 zum Autohaus Eschengrund.

Autohaus Eschengrund Foto: Autohaus Eschengrund

Dort suchte man einen neuen Mitarbeiter, der sich mit Lackierarbeiten auskennt und Alufelgen wiederaufbereiten und lackieren kann. Beschädigte Alufelgen wurden bislang häufig im Ausland aufbereitet. Die üblichen Wege ins Ausland waren durch die Pandemie jedoch versperrt. Neue Ideen waren also gefragt. Das Autohaus hatte sich entschieden, in eine neue Anlage zu investieren und die Alufelgen künftig selber aufzubereiten.

Das Autohaus und Karen Grigoryan fanden auch mit Hilfe des Jobcenters Mecklenburgische Seenplatte-Süd zueinander. Das Jobcenter stimmte einer 10-tägigen Eignungserprobung beim Arbeitgeber zu. Seine Vorerfahrungen halfen ihm bei der neuen Tätigkeit sehr, denn Lackierarbeiten waren Karen nicht unbekannt. Schleif- und Polierarbeiten waren ihm aus seiner selbstständigen Tätigkeit als Steinmetz vertraut. "Damals habe ich Steine geschliffen – immer feiner und feiner und abschließend poliert. Hier sind es Aluminiumfelgen. Die Arbeitsschritte sind sehr ähnlich, wenn auch das Material ein anderes und wesentlich weicher als Stein ist", sagt er im Gespräch.

Karen Grigoryan Foto: Jobcenter

Das Ergebnis nach den 10 Tagen konnte sich sehen lassen, und so erhielt Karen Grigoryan im Anschluss vom Autohaus Eschengrund einen Arbeitsvertrag.

Natürlich waren zu diesem Zeitpunkt noch nicht alle Handgriffe perfekt. Vieles musste ihm gezeigt und vieles neu von ihm gelernt werden. Dafür unterstützt das Jobcenter den Arbeitgeber auch weiter mit einem Eingliederungszuschuss zum Arbeitslohn. So wird die Minderleistung kompensiert und die Zeit, die der Arbeitgeber in die Einweisung am Arbeitsplatz investieren muss, ebenfalls.

Herr Grigoryan erhält außerdem ein sogenanntes Einstiegsgeld vom Jobcenter. Das soll ihn zusammen mit dem Lohn der neuen Arbeit in absehbarer Zeit in die Lage versetzen, das Leben seiner Familie wieder selbstbestimmt und finanziell unabhängig gestalten zu können.

Karen Grigoryan zumindest ist bereits jetzt sehr zufrieden. "Meine Kinder sind versorgt, wir haben eine kleine Wohnung, die neue Arbeit macht mir Spaß und Freude – was will ich mehr" sagt er zum Abschluss des Gespräches.