"Souverän in jedem Alter" - ein Plädoyer für ein langes und erfüllendes Berufsleben  (Lesezeit ca. 3 Min.)

Ausgabejahr 2018
Datum 23.10.2018

Wie lange ein Mensch heute aktiv und berufstätig sein kann, kann nicht allgemeingültig mit einer Zahl oder Altersgrenze beantwortet werden. Studien zeigen jedoch, dass Menschen ein Leben lang leistungsfähig sein können.

Das Projekt „Initiative – 50plus in der Region Neubrandenburg und Neustrelitz“ wendet sich an langzeitarbeitslose Kundinnen und Kunden des Jobcenters Mecklenburgische Seenplatte Süd im Alter von 50 bis 64 Jahren, die eine dauerhaft sozialversicherungspflichtige Beschäftigung im regionalen Arbeitsmarkt suchen. 2/3 der Teilnehmenden sind bereits länger als 4 Jahre arbeitslos. Pädagogischer Projektdienstleister ist die BMD GmbH in enger Kooperation mit den persönlichen Ansprechpartnern des Jobcenters Mecklenburgische Seenplatte-Süd.

Das Projekt, startete im Januar 2018 und wird finanziert durch das Jobcenter Mecklenburgische Seenplatte-Süd und den Europäischen Sozialfonds (ESF). Es legt den Fokus auf die unentdeckten und „verschütteten“ Stärken der Teilnehmenden. Gemeinsam mit den Menschen im Alter jenseits der 50 werden so realistische berufliche Ziele entwickelt und überlegt, wie Hürden auf dem Weg zur Zielerreichung überwunden werden könnnen.

Das Resultat: Die Teilnehmenden des Projektes entwicklen ein neues, positives Selbstverständnis und Selbstwertgefühl und werden zugleich aber auch „herausgefordert“, dieses in erfolgreiche Taten umzusetzten.

Zudem stehen die Zeichen der Zeit am Arbeitsmarkt sehr gut, denn viele Arbeitgeber suchen händeringend Arbeitskräfte. Sie lassen sich gerne auch von „Älteren“ überzeugen. Zuverlässigkeit und die Arbeitsmotivation sind für viele Arbeitgeber der Region zunächst wichtiger als die fachliche Qualifikation. Hier können viele Menschen im Alter von 50plus punkten.

Von 110 bisher am Projekt teilnehmenden Menschen im Alter von 50plus haben so bereits 34 eine neue Arbeit aufnehmen können, 6 stehen kurz vor einer Arbeitsaufnahme und 2 bereiten sich in einer speziellen weiterführenden Qualifizierung auf den neuen Job vor.

Am Ende des Jahres 2018 sollen so gut 50 ältere Menschen wieder eine neue berufliche Perspektive aufgebaut haben.

Ein Beispiel:

Frank Klawitter Foto: Jobcenter

Frank Klawitter ist 52 Jahre. Er hat mal Maurer gelernt. 1989, in der Zeit der Wende, wurde er zum Grundwehrdienst einberufen. Es ging turbulent zu und der Wehrdienst wurde sogar vorzeitig beendet. Danach ging er zurück in seinen alten Betrieb, der aber nach 3 Monaten – Ende 1990 - in die Insolvenz ging. Herr Klawitter wurde arbeitslos, wie viele zu dieser Zeit. Lediglich Beschäftigungen im Rahmen von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen und Arbeitsgelegenheiten und die Teilnahme an mehreren Bildungsmaßnahmen haben diese Zeit unterbrochen. Eine Integration in Arbeit gelang nicht.

So ist Herr Klawitter seit 18 Jahren ohne reguläre Arbeit!

Im Februar 2018 stieg er in das Projekt „Initiative - 50plus“ beim BMD ein - ein neuer gemeinsamer Versuch eine Beschäftigung für ihn zu finden. Die Coaches des BMD suchten einen Paktikumsbetrieb und fanden ihn im September bei Familie Kretzschmar im Hotel Hellfeld. Familie Kretzschmar führt das Haus in 2. Generation seit 24 Jahren mit derzeit 5 Angestellten.
Ab 10. September konnte Herr Klawitter sein 3-wöchiges Praktikum als Hausmeister oder besser gesagt, als „Facility Manager“ im Hotel beginnen. „Er kümmerte sich zunächst um die Außenanlagen, denn wir hatten seit gut 3 Jahren keinen Hausmeister. Da gab und gibt es einiges zu tun“ sagt Herr Kretzschmar. Herr Klawitter konnte einen guten Eindruck hinterlassen und gemeinsam mit dem Jobcenter suchte man nun einen Weg, wie aus dem Praktikum eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung werden konnte.

Man fand einen Weg und bot Familile Kretzschmar an, Herrn Klawitter zunächst für 3 Monate im Rahmen einer Beschäftigung auf Probe zu fördern. Die notwendigen Unterlagen wurden ausfgefüllt und Herr Klawitter erhielt ab 1. Oktober einen befristeten Arbeitsvertrag. Jetzt ist er für die nächsten 3 Monate täglich 4 Stunden im Hotel Hellfeld beschäftigt und natürlich ist es für ihn ein ganz anderes Gefühl, als während des Praktikums.


In diesen goldenen Herbsttagen erneuert er Farbanstiche und befreit Wege und Parkplätze von Unkraut. „Ich bin gern an der Luft und körperliche Arbeit macht mir nichts aus“ sagt Herr Klawitter selbst.

Frank Klawitter Foto: Jobcenter

Und auch Herr Kretzschmar ist zufrieden und sagt: „Er ist zuverlässig und sieht die Arbeit von allein. Das ist nicht bei jedem so.“

Bleibt zu wünschen, dass sich beide Seiten weiter so gut verstehen und Herr Klawitter seinen Arbeitsplatz auch nach dem Jahreswechsel behalten kann. Verdient hätte er es sich nach 18 Jahren.