Nach 20 Jahren im Rahmen einer Nachbarschaftshilfe wieder in einer Beschäftigung (Lesezeit: 2:30 Minuten)



Ausgabejahr 2021
Datum 20.10.2021

Nein, es ist kein Scherz! Über 20 Jahre hat es gedauert, bis Petra (Name geändert) aus Neustrelitz im Rahmen einer Nachbarschaftshilfe wieder das Gefühl hatte, dass sie gebraucht wird.

Als junge Frau mit 25 Jahren, einem Schulabschluss und einer abgeschlossenen Berufsausbildung als Hauswirtschafterin fand Petra 1997 keine Anstellung und meldete sich arbeitslos. 2 Jahre später arbeitete sie für ein Jahr als Gartenbauhelferin, bevor sie erneut den Weg in die Arbeitslosigkeit antreten musste.

Seit dieser Zeit wurde ihre Arbeitslosigkeit nur von Arbeitsgelegenheiten und Teilnahmen an Fördermaßnahmen des Jobcenters Mecklenburgische Seenplatte-Süd unterbrochen.

Ohne berufliche Perspektive und mit vielen Ängsten, Zweifeln und sozialen Schwierigkeiten, die mit der anhaltenden Arbeitslosigkeit nur größer wurden, bat Petra ihre Integrationskraft darum, im beschäftigungsorientierten Fallmanagement des Jobcenters betreut zu werden. 

Die Fallmanager*innen im Jobcenter betreuen arbeitslose Menschen, die aufgrund physischer oder psychischer Probleme zunehmend mehr beeinträchtigt sind und ohne intensive Zuwendung und Hilfe allein diesen Teufelskreis nicht mehr durchbrechen können. Auch Petra fühlte sich dazu nicht mehr in der Lage und bat deshalb um diese Form der Unterstützung.

Im Dezember 2014 begann ein langer gemeinsamer Weg. 

Zusammen mit ihrer Fallmanagerin arbeitete Petra Schritt für Schritt an ihrer Stabilisierung. Es wurden Termine beim Sozialpsychiatrischen Dienst des Landkreises vereinbart, und sie nahm an Arbeitsgelegenheiten teil, um ihre Persönlichkeit weiter zu entwickeln.

Petras Eigenbemühungen auf der Suche nach einer Beschäftigung liefen immer wieder ins Leere. 

Ein ärztliches Gutachten, das ihr dann auch noch bescheinigte, dass der erlernte Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausgeübt werden konnte, versetzte ihr einen zusätzlichen Tiefschlag.

Petra brauchte weitere psychologische Betreuung und musste einen Antrag auf berufliche Rehabilitation stellen. All das überforderte die junge Frau. 

Mit Unterstützung verschiedener Bildungsträger arbeiten Petra und ihre Fallmanagerin daran, Ängste abzubauen, die Belastung zu stärken und ein neues Beschäftigungsfeld zu finden.

So ging das bis ins Jahr 2019. Nach einem Praktikum als Betreuungskraft und einem anschließenden psychologischen Gutachten wurde diese Art der Beschäftigung auch von den Fachleuten als realistisch eingeschätzt. Jetzt fehlte ihr noch die nötige Ausbildung.

Von ihrer Fallmanagerin erhielt sie einen Bildungsgutschein für eine Qualifikation zur Betreuungsfachkraft. Der nächste Kurs begann im Dezember 2020 beim Bildungsträger ISBW in Neustrelitz.

Als wenn das alles nicht schon ausgereicht hätte, erschwerte nun auch noch die Corona-Pandemie den weiteren Verlauf. Die Qualifizierung startete, musste aber im Homeschooling fortgeführt und beendet werden. Petra konnte sich jedoch mit diesen erschwerten Bedingungen arrangieren und beendete den Kurs erfolgreich und mit gestärktem Selbstbewusstsein.

Seit dem 15. März 2021 hat sie es gemeinsam mit dem Pflegestützpunkt der AWO in Neustrelitz geschafft, in dieser neuen Tätigkeit zumindest ersten Fuß zu fassen. Petra betreut im Rahmen einer Nachbarschaftshilfe für 15,5 Stunden im Monat eine Person in deren Privathaushalt. Es gelang ihr seither zunehmend besser, diese Art der Beschäftigung gesundheitlich zu bewältigen, daher wird sie nun eine zweite Nachbarschaftshilfe aufnehmen können und kann damit die monatliche Stundenzahl weiter erhöhen.

Frau mit Einkaufskorb Foto: Pixabay

Sofern ihr das gelingt, steht Petra erstmals nach mehr als 20 Jahren an der Schwelle zu einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung.