Im aktiven Zusammenspiel aller Beteiligten eine positive Perspektive bieten (Lesezeit ca. 3:00 Min.)



Ausgabejahr 2019
Datum 25.07.2019

Unter diesem Tenor schildert Herr Zaher Albakkour seine persönlichen Erfahrungen, die er nach seiner Flucht aus Syrien in Deutschland mit dem Jobcenter, Bildungsträgern und Arbeitgebern gemacht hat.

Im Dezember 2015 floh ich aus Syrien und kam nach Deutschland, um ein neues Leben aufzubauen. Es fiel mir nicht leicht, meine Heimat und meine Familie zu verlassen, aber die schrecklichen Erlebnisse des Krieges und die Angst vor Repressalien zwangen mich dazu. Ich bin 35 Jahre alt und habe in Aleppo Bauingenieurwesen studiert und danach als Bauleiter mehrere Baustellen betreut.

Durch den Verteilmechanismus der Flüchtlingspolitik bin ich im mecklenburgischen Friedland gelandet. Hier angekommen, wollte ich mein Leben von Anfang an selbst in die Hand nehmen und so schnell wie möglich ins Berufsleben einsteigen, um unabhängig zu sein. Aber die deutsche Gesetzgebung und die Sprache zwangen mich, erst einmal viel zu lernen.
Ich nahm gern jede Hilfe an und suchte Kontakt zu den Einheimischen. Von April 2016 bis Januar 2017 absolvierte ich als erstes den Integrationskurs, den ich einschließlich Sprachprüfung B1 erfolgreich abschloss.

Anschließend arbeitete ich durch Vermittlung des Jobcenters 4 Monate in einer kleineren Baufirma als Bauhelfer.

Mein Ziel war deutsche Baustellen hinsichtlich Arbeitsablauf und der dort verwendeten Baustoffe kennenzulernen. Bei dieser Tätigkeit mit Einsatzort Berlin und fehlender Struktur erkannte ich, dass diese Stelle mir keine Perspektive bot.

So nahm ich wieder Kontakt zum Jobcenter auf und erwarb eine Teilnahmeberechtigung an der EU-geförderten Maßnahme „Job Bridge“, die von der „Agentur der Wirtschaft“ betreut wurde. Ziel dieser Weiterbildungsmaßnahme war es, die Arbeitsgesetze und Rechte in Deutschland kennenzulernen und dann eine Arbeit entsprechend meiner Qualifikation zu finden. Auch diese halbjährige Maßnahme brachte nicht den gewünschten Erfolg, da ich mein abschließendes Praktikum wiederum nur als Bauhelfer absolvieren sollte. Mit Zustimmung meiner Arbeitsvermittlerin Frau Leppelt habe ich dieses Praktikum abgelehnt.

Auch wenn ich noch nicht den beruflichen Erfolg hatte, konnte ich bei allen Maßnahmen stets meine deutschen Sprachkenntnisse verbessern. So habe ich in der Praktikumszeit zwar nicht gearbeitet, aber mich selbstständig auf meine 2. Deutschprüfung vorbereitet und diese im Februar 2018 erfolgreich mit dem Zertifikat B2 abgeschlossen.

Unabhängig meiner Kurse und Maßnahmen bewarb ich mich regelmäßig in Baufirmen und Ingenieurbüros in der Umgebung als Bauingenieur, unter anderem im März 2018 im Ingenieurbüro Thiele & Partner mbB in Neustrelitz.

Von dort erhielt ich sofort eine Einladung zum Gespräch. Zum gegenseitigen Kennenlernen vereinbarten wir ein 3-monatiges Praktikum, dass vom Jobcenter finanziell unterstützt wurde. Endlich konnte ich entsprechend meiner Qualifikation arbeiten und meine Fähigkeiten unter Beweis stellen.

Zaher Albakour Foto: Jobcenter

Vom Team des Ingenieursbüros wurde ich gut aufgenommen und umfassend eingearbeitet. Diese Unterstützung erwies sich als besonders wertvoll, da mein neues Aufgabengebiet im konstruktiven Ingenieurbau ein völlig anderes Wissensspektrum als meine bisherige Tätigkeit im Hochbau in Syrien erforderte.

Um meine Sprachkenntnisse weiterhin zu verbessern, bereitete ich mich nebenbei auf die Sprachprüfung C 1 vor, die ich im Dezember 2018 erfolgreich abschloss.
 
Am 1.7.2018 erhielt ich nach dem erfolgreichen Praktikum einen Arbeitsvertrag – zunächst auf Probe. Dass ich nach der 6-monatigen Probezeit in ein festes Arbeitsverhältnis übernommen wurde, zeugt davon, dass Integration gelingen kann. Erfolgsfaktoren hierfür sind: Sprache, Mut, gegenseitiges Vertrauen, Unterstützung und Zeit.

Um dauerhaft im Beruf Fuß zu fassen, ist es wichtig, dass man nicht von einem Praktikum zum nächsten weitergereicht wird, sondern dass die Firmen und Unternehmen einem eine langfristige Perspektive bieten. Ich freue mich, dass ich diese im Ingenieurbüro Thiele & Partner mbB in Neustrelitz gefunden habe.

Zaher Albakkour


Herr Albakkour hat sein Ziel erreicht. Er ist in Deutschland „angekommen“ und kann einen eigenen Beitrag für die Gesellschaft leisten. Sein Fleiß und seine Einstellung zur Arbeit war die Basis für die neue Beschäftigung. Möglich wurde das aber erst durch das aktive Zusammenspiel aller Beteiligten.