"Es ist schon cool, dass es Euch gibt und dass Ihr den Menschen helft." (Lesezeit 3 Min.)
Von Thomas Elsner – Presseprecher des Jobcenters Mecklenburgische Seenplatte-Süd
Ausgabejahr
2024
Datum
29.10.2024
Zu Besuch in der "Häuslichen Krankenpflege - Andrea Lichterfeld GmbH" treffe ich mich mit Anne Eisermann, die seit dem 01.04.2024 in der Einrichtung in Neustrelitz für 25 Stunden in der Woche als Betreuungskraft und Alltagsbegleiterin tätig ist.
Auf meiner Suche nach ihr treffe ich sie in der Küche, wo sie gerade für die Bewohner der Einrichtung das Frühstück herrichtet. Wir lassen die älteren Damen und Herren beim Frühstück allein und können uns in einem ruhigen Raum ungestört unterhalten.
Anne ist 32 Jahre alt und ledig. Seit sie denken kann, hat sie gesundheitliche Einschränkungen, die mit Komplikationen während ihrer Geburt zusammenhängen. Auf Grund einer Lernschwäche absolvierte sie deshalb auch 9 Jahre die Förderschule und erwarb in 2 weiteren Jahren den Hauptschulabschluss.
Ihre gesundheitlichen Einschränkungen waren so groß, dass sie nach dem Schulabschluss und einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme eine rehaspezifische Berufsausbildung durchlief, die sie 2015 als Fachpraktikerin für Hauswirtschaft beenden konnte.
Es schlossen sich verschiedene Reha-Maßnahmen an, in dessen Verlauf sie das erste Mal im Rahmen eines Praktikums Kontakt zur "Häuslichen Krankenpflege - Andrea Lichterfels GmbH" in Neustrelitz bekam.
Das Praktikum verlief grundsätzlich gut, aber zum damaligen Zeitpunkt bestand keine Möglichkeit Anne einzustellen. Nach den Bildungsmaßnahmen erneut arbeitslos geworden, riet ihr die Integrationsfachkraft im Jobcenter, die erlernten beruflichen Kompetenzen nicht ungenutzt zu lassen, sondern durch eine ehrenamtliche Tätigkeit zu erhalten. Das gelang Anne auch, und sie fand 2023 eine Tätigkeit als ehrenamtliche Betreuerin im Neustrelitzer Mehrgenerationenhaus.
Gegen Ende des Jahres 2023 wurde ihr dann in Abstimmung zwischen dem Jobcenter Mecklenburgische Seenplatte-Süd und der Rehaberatung der Agentur für Arbeit die Teilnahme an der Maßnahme "TAFF- Talente finden und fördern " beim Bildungszentrum Nordost, einem hier ansässigen Bildungsträger angeboten. Dieses Angebot nahm Anne im Januar 2024 dankbar an, denn sie wollte nicht zu Hause sitzen und nichts tun.
Im Rahmen dieser Maßnahme bewarb sie sich erneut bei der "Häuslichen Krankenpflege - Andrea Lichterfeld GmbH" um einen Praktikumsplatz. Nach einem Vorstellungsgespräch im März 2024 erhielt sie den begehrten Praktikumsplatz im Unternehmen, da hier ein neues Arbeitsfeld erprobt werden sollte. Das Praktikum absolvierte Anne erfolgreich und wurde im Anschluss daran zum 01.04.2024 sozialversicherungspflichtig angestellt.
Das Jobcenter Mecklenburgische Seenplatte-Süd unterstützte diese Anstellung finanziell im Rahmen einer Probebeschäftigung.
Für eine solche befristete Probebeschäftigung von Menschen mit Behinderungen können Arbeitgebern die Lohnkosten bis zu einer Dauer von drei Monaten erstattet werden, wenn dadurch die Möglichkeit einer Teilhabe am Arbeitsleben verbessert wird oder eine vollständige und dauerhafte Teilhabe am Arbeitsleben zu erreichen ist.
Genau das war hier der Fall. Nach Ablauf der 3-monatigen Probebeschäftigung erhielt Anne einen Anschlussvertrag und ist seit dem 01.07.2024 weiter für 25 Stunden in der Woche als Betreuungs-kraft in der Einrichtung tätig. Auch dieses Arbeitsverhältnis fördert das Jobcenter noch für 6 Monate im Rahmen eines Eingliederungszuschusses.
Noch ist der Vertrag von Anne zwar befristet, aber sie ist glücklich und hofft auf eine Verlängerung zum 01.07.2025. "Ich möchte den Job hier nicht mehr missen. Es macht mir so viel Spaß und wenn ich von den Bewohnern ein Lächeln für meine Arbeit erhalte, dann bin ich glücklich." Neben Kochen und Frühstück zubereiten gehören Wäsche waschen und die Reinigung der Zimmer ebenfalls zu ihren Aufgaben. "Und wenn es die Zeit zulässt, dann gehe ich mit den Bewohnern auch mal spazieren", sagt sie.
Auch privat hat sie einen neuen Start geschafft, denn nach 3,5 Jahren hat sie sich aus einer für sie toxischen Beziehung befreit. Ihr Partner hat sie mehrfach geschlagen. Nach einer solchen Auseinandersetzung fand Anne die Kraft, die Polizei zu rufen und sich endgültig von ihrem Partner zu trennen.
Zum Schluss unseres Gespräches sagte Anne zu mir als Vertreter des Jobcenters Mecklenburgische Seenplatte-Süd: "Es ist schon cool, dass es Euch gibt und dass Ihr den Menschen helft. Es ist ein gutes Gefühl morgens aufzustehen und zu wissen, dass man Arbeit hat. Aber es ist auch toll, wenn man es geschafft hat, finanziell unabhängig ist und sich von seinem Verdienst auch wieder etwas leisten kann."